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Bockhuf (Stelzfuß)

Ein Winkelmesser gibt Aufschluss über den Winkel zwischen Zehenwand und Boden.

Ein Bockhuf (auch „Stelzfuß“ genannt) ist ein Huf, der zu „steil“ steht und eines oder mehrere Zehengelenke auch im Stand gebeugt sind. Ab wann ein Huf jedoch „zu steil“ steht, darüber gibt es keine einheitliche wissenschaftliche Definition (da es auch keine eindeutige Definition für eine „normale“ Stellung gibt). Wichtig ist jedoch zu unterscheiden, ob es sich um einen „echten“ oder „unechten“ Bockhuf handelt:

Der echte Bockhuf

Bei einem echten Bockhuf kann das Pferd die betroffenen Gelenke physisch nicht durchstrecken. Am häufigsten ist dies deshalb der Fall, weil die Beugesehnen verkürzt sind. Man spricht dann auch von einem „tendogenen Stelzfuß“ oder „Sehnenstelzfuß“. Es kann entweder:

  • die tiefe Beugesehne verkürzt sein (dann wird das Hufgelenk nicht ganz ausgestreckt)
  • oder die oberflächliche Beugesehne verkürzt sein (dann ist das Kron- oder Fesselgelenk gebeugt)

Manchmal sind auch beide Beugesehen verkürzt und entsprechend mehrere Gelenke gebeugt.

Eine andere Art des echten Bockhufs ist der „arthrogene Stelzfuß“ bzw. „Gelenkstelzfuß“. Bei diesem sind nicht die Sehnen verkürzt, sondern die Gelenke erkrankt und verändert, so dass sie deshalb nicht vollständig ausgestreckt werden können. Daher tritt diese Form meist nur bei älteren Pferden mit Arthrose auf.

Beim echten Bockhuf kann zudem unterschieden werden, ob dieser angeboren oder erworben ist. Das heißt: ist das Fohlen bereits mit dieser Fehlstellung auf die Welt gekommen? Oder ist der Bockhuf erst im Wachstum oder ausgewachsenen Stadium entstanden? Im Wachstum kann z.B. dann ein Bockhuf entstehen, wenn das Fohlen zu wenig Bewegung bekommt. Oder wenn es auf zu weichem Boden gehalten wird, so dass sich die Zehe beim Laufen nicht ausstreckt und die Sehnen keinen ausreichenden Dehnungsreiz erfahren. Ebenso kann falsche Fütterung dazu führen, dass die Knochen schneller wachsen als die Sehnen und diese daher verkürzt sind. Ein erworbener echter Bockhuf kann aber auch durch Verletzungen (z.B. Sehnenschäden) oder falsche Hufbearbeitung (Entfernung des „Fohlenschnabels“) entstehen.

Ein angeborener Bockhuf entsteht hingegen bereits im Mutterleib. Auch hier ist sich die Wissenschaft über die Ursachen nicht ganz einig. Diskutiert werden beispielsweise eine fehlerhafte Ernährung der Mutterstute, die Lage des Fötus im Mutterleib, ein ungünstiges Größenverhältnis zwischen Stute und Hengst sowie eine genetische Prädisposition.

Der unechte Bockhuf

Im Gegensatz zum echten Bockhuf könnte der unechte Bockhuf die Zehengelenke ausreichend strecken, tut es aber aus irgendeinem Grund nicht. Das bedeutet: die Sehnen sind genügend dehnfähig, um eine Streckung zu erlauben und auch die Gelenke ansich schränken die Streckung nicht ein. Aber eines oder mehrere Zehengelenke sind trotzdem gebeugt.

Die Gründe dafür sind vielfältig, beispielsweise können folgende Ursachen zu einem Bockhuf führen:

  • fehlende oder falsche Hufbearbeitung (zu kurze Zehe und/oder zu lange Eckstreben/Trachten)
  • Schmerzen im hinteren Hufbereich (z.B. durch Strahlfäule oder Zwanghufe)
  • Schmerzen an anderen Stellen im Pferdekörper (z.B. feste Schultermuskulatur, Magengeschwüre)
  • Verletzungen oder daraus resultierende Schonhaltungen (z.B. Rückständigkeit)

Ein Strecktest gibt Aufschluss

Beim Strecktest wird das Pferdebein auf ein Brett gestellt, dessen Ende angehoben wird. Sobald die Trachten zu schweben beginnen, ist die maximale Streckfähigkeit der Beugesehnen erreicht.

Ob es sich nun um einen echten oder unechten Stelzfuß handelt, kann vom Tierarzt mittels Strecktest festgestellt werden. Dabei stellt man das betroffene Pferdebein auf das eine Ende eines Bretts und hebt das andere Ende des Bretts langsam an. Das Pferd muss das Bein weiterhin belasten. Wenn nun der gesamte Huf auf dem angehobenen Brett stehenbleibt, werden die Zehengelenke vermehrt ausgestreckt – es handelt sich also um einen unechten Bockhuf, weil die Gelenke offenbar physisch noch mehr Streckungskapazität hätten. Wenn hingegen nur noch die Zehe auf dem Brett stehen bleibt und die Trachten zu schweben beginnen, handelt es sich um einen echten Bockhuf, da sich die Gelenke nicht weiter strecken können.

Welche Auswirkungen hat ein Bockhuf?

Durch die Beugung der betroffenen Zehengelenke steht schließlich das Hufbein zu sehr auf der Hufspitze. Dadurch kommt es zur Überlastung der Zehe, so dass sich die Hufbeinspitze schließlich ab- bzw. umbaut. Dieser Knochenumbau ist irreversibel und führt häufig zu einer schnabelnden Zehenwand. Durch den erhöhten Druck auf die Hufbeinspitze ist manchmal auch die Durchblutung in diesem Bereich vermindert, so dass weniger Sohlenhorn produziert wird. Als Folge entsteht oft eine dünne Sohle im Zehenbereich.

Außerdem wird durch die Fehlstellung die Zehenwand beim Abfußen übermäßigen Hebelkräften ausgesetzt und zerrt am Hufbeinträger. Dadurch können Risse in der Zehenwand entstehen oder auch die weiße Linie aufreißen.

Darüber hinaus kann ein Bockhuf auch den gesamten restlichen Pferdekörper beeinflussen. Denn: die Hufe sind über myofasziale Ketten (also über Muskeln, die mit Faszien miteinander verbunden sind) an weiter entfernten Körperteilen gekoppelt. Zum Beispiel an den Schädel des Pferdes. Deshalb kann ein Bockhuf dazu führen, dass das Pferd seinen Kopf leicht zu einer Seite neigt und Ober- und Unterkiefer nicht mehr genau aufeinander sitzen, sondern leicht versetzt zueinander sind. Der Unterkiefer „hängt“ dann oftmals zur Seite des nicht-Bockhufs. Dadurch nützt das Pferd auch die Schneidezähne ungleich ab, was im Rahmen einer regelmäßigen Zahnkontrolle begutachtet und ggf. korrigiert werden kann.

Kann ein Bockhuf geheilt werden?

Ob ein Bockhuf wieder kuriert werden kann, kommt ganz darauf an. Nämlich einerseits, ob es sich um einen echten oder unechten Bockhuf handelt. Und andererseits darauf, wie alt das Pferd ist. Wenn sich das Pferd noch im Wachstum befindet, hat man die größten Einflussmöglichkeiten, da auch die Sehnen noch wachsen. Mit korrekter, engmaschiger Hufbearbeitung, angepasster Fütterung und optimalen Haltungsbedingungen (permanente Bewegung auf unterschiedlichen und nicht zu weichen Böden) hat das Jungtier noch gute Chancen, wieder eine physiologisch gesunde Stellung zu erlangen. Auch Medikamentengabe (Oxytetracyclin) oder die künstliche Verlängerung der Zehe sind zielführende Maßnahmen im Wachstum.

Beim erwachsenen Pferd sind die Einflussmöglichkeiten bereits deutlich geringer; bei einem echten Bockhuf kann die Situation eigentlich nur noch gut gemanaged werden, so dass sich die Fehlstellung nicht verschlimmert und die Überlastung der restlichen Strukturen nicht Überhand nimmt.

Bei einem unechten Bockhuf stehen die Chancen für eine vollständige Korrektur hingegen ganz gut. Dazu gehört nicht nur eine engmaschige und angepasste Hufbearbeitung, sondern oft sind auch begleitende Maßnahmen nötig. Beispielsweise lassen sich Schonhaltungen aufgrund von Verletzungen oder Schmerzen mittels Physiotherapie und Training behutsam auflösen. Auch Massagen und Dehnungsübungen können dem Pferd helfen, wieder eine normale Belastung des Hufs zu erlernen. Hier ist vor allem auch der Pferdebesitzer gefragt, der dabei eine wichtige Schlüsselrolle in der Rehabilitation spielt.